Wie kam es dazu, dass an dieser Stelle eine Gaststätte und ein Schwimmbad errichtet wurde?


Die Kleerswiese reichte damals bis zum jetzigen Krankenhaus. Der hintere Teil der Kleerswiese wurde Anger genannt. Die Kleerswiese und der Anger war mit vielen kleinen Wassergräben durchzogen. Noch heute können wir einen dieser Gräben sehen, welcher sich von der Weyhestraße und hinter der Lindenstraße bis zum jetzigen Schwimmbad hinzieht. Zu dem vorderen Teil sagen die Quedlinburger Mückengraben, den hinteren Teil der sich bei den Kleingärten befindet, hieß zur damaligen Zeit Schleusengraben. Die Stelle wo die Walkemühle stand konnte nur über die jetzige Gartengasse erreicht werden. Damals hieß dieser Weg Kleersgasse. Erst später wurde die jetzige Lindenstraße ausgebaut. Es war damals nur ein kleiner Weg, wo man die Waren der Walkemühle und der Kleersmühle zum Gröperntore in die Stadt gebracht wurden. Dieser kleine Weg wurde auch Walkenmühlenweg genannt. Bis zum 17.02.1899 hieß dieser noch so, danach wurde dieser Weg in Lindenstraße umbenannt. Warum dieser neue Name? In den Jahren 1894 — 1899 wurden an diesem Weg viele Häuser von Lehrerfamilien errichtet. Die Lehrer beantragten beim Magistrat eine neue Bezeichnung, da „Walken“ spöttisch auf ihren Beruf bezogen wurde. Noch heute spricht man in Quedlinburg — hei hatten aver durchgewalkt.
Wie kam es aber zum Schwimmbad und zur Gaststätte?

 


 

Am 30.12.1899 stellte Herr Klietz an die hiesige Polizeiverwaltung einen Antrag, dass er auf der Parzelle 46, Planstück 11, auf dem so genannten Inselgarten welcher hinter der Walkenmühle lag und von dem Flusslauf des Mühlgrabens umfasst wurde, einen Teich anlegen möchte. Der Grund dafür war, dass Herr Klietz welcher Brauereiverleger war in den Sommermonaten Eis zur Kühlung von Bier und anderen Getränken benötigte. Dieses Eis wollte er aus dem Wasser des Teiches gewinnen. Zur damaligen Zeit und später wurde auch das Wasser aus den ehemaligen Fischteichen die sich am Kleers befanden und jetzt Parkplätze sind zur Eisgewinnung genommen. In der Ballstraße in Quedlinburg befand sich der Eiskeller.
Herrn Christoph Klietz wurde der Bau — Erlaubnisschein für den Teichbau am 23.01.1900 erteilt. Umfangreiche Erdarbeiten waren dazu erforderlich. Der Teich sollte mit Grundwasser gefüllt werden und zusätzlich ein Ein- und Auslauf durch Verrohrung von 10 — 12 cm Röhren geschaffen werden. Das Wasser sollte aus dem Untergraben der Walkenmühle entnommen werden. Es war zu befürchten, dass ohne Frischwasser das Teichwasser in Fäulnis übergeht. Somit wäre eine Eisgewinnung nicht mehr möglich gewesen. Die Teichgröße belief sich auf 5 Morgen (2500 m2 ein Morgen) und 25 Quadratruten (1 Quadratrute etwa 14,18 m2) Die damals verlegten Röhren brachten nicht genügend Frischwasser in den Teich, darum entschloss man sich 1902 neue Rohre mit einem 16 cm Durchmesser zu verlegen. Das Wasser sollte aber aus dem Obergraben entnommen werden. Hierzu war es aber erforderlich die Erlaubnis der vereinigten Tuchfabrikanten einzuholen. Diese hatten die Mühle vom Magistrat gepachtet. In einem Schreiben vom 25.04.1908 teilte Herr Klietz der Stadt Quedlinburg mit, dass er beabsichtigt ein Vergnügungs-Etablissement hinter der Walkemühle am Teich zu bauen und gleichzeitig einen neuen Kanal mit einem Durchmesser von 40 cm vom Obergraben der Mühle anzulegen. Dagegen protestierte, wie schon in den früheren Jahren, der Besitzer der Maschinenfabrik und Eisengießerei Haase und Co, der seine Fabrik Feldmark links der Bode 16 hatte und Probleme für sein Wasserrad aufzeigte. Seine Bedenken waren, dass durch die größere Entnahme von Wasser aus dem Mühlgraben eine größere Verdunstung im Teich eintritt und dadurch das Wasserrad weniger Wasser bekommt. Seine Befürchtung wurde abgewiesen. Viele Quedlinburger kennen das Anwesen der Familie Haase nur unter dem Namen „Himmelshof“. Die Bezeichnung Himmel kommt von dem Namen des Landwirts Himmel, welcher nach der Firma Haase in den dortigen Gebäuden eine Landwirtschaft einrichtete. Er betrieb diese bis 1945. Jetzt ist in diesen Gebäuden eine Pächtergemeinschaft für Landwirtschaft untergebracht.
Herr Klietz stellte am 15.02.1908 ein Baugesuch an die Stadt um das kleine Wohnhaus bei der Walkemühle aufzustocken und ein neues Stallgebäude mit Küche zu bauen. Der Antrag wurde am 09.03.1908 aber nur für ein Stallgebäude mit Küche und einer Teilunterkellerung genehmigt. Bei einer Kontrolle wurde festgestellt, dass sich das davor befindliche kleine Gartenhaus schon als Wohnhaus umgebaut war und schon ab 01.04.1908 bewohnt war. Um bei schlechter Witterung eine überdachte Sitzgelegenheit zu schaffen, beantragte Herr Klietz den Bau einer Veranda mit den Abmessungen 15 m x 6 m. Die dafür benötigte Genehmigung wurde am 30.051 908 erteilt. Am 25.05.1908 kaufte Herr Klietz einige Ruderboote für seinen Teich und beantragte eine Schankkonzession mit dem Hinweis, dass seine Gäste dieses wünschten. Die Genehmigung für alkoholfreie Getränke wurde ihm am 12.06.1908 auch für die Wintermonate erteilt, da der Teich bei Eisbildung zum Schlittschuhlauf genutzt werden sollte. Später war aber Herr Klietz mit dieser Genehmigung nicht mehr einverstanden, denn er wollte auch alkoholische Getränke anbieten. Mehrmals beantragte Herr Klietz dieses, aber es wurde mit der Begründung abgelehnt, dass sich in unmittelbarer Nähe zwei Gaststätten befinden. Eine Gaststätte befand sich am Diffurter Weg — noch heute steht an der Hauswand „Gaststätte Gutenberg“ und die zweite Gaststätte befand sich in der Schützenstraße und war das Schützenhaus der Schützencorporation. Diese Straße heißt heute „Vor dem Gröperntor. Weiterhin ist in der Begründung zu lesen, dass die Besucher ja kommen um sich sportlich beim Rudern und Schlittschuhlaufen zu bestätigen und dies ohne Alkohol besser wäre. Herr Klietz ließ aber in seinen Bemühungen nicht locker und brachte immer neue Einwände vor, um alkoholische Getränke verkaufen zu können. Es ging bis zum Gericht nach Magdeburg, dort wurde 1910 im Namen des Königs entschieden, dass keine alkoholischen Getränke ausgeschenkt werden dürfen. In der Zwischenzeit erhielt Herr Klietz die Erlaubnis (15.12.1908) den Gondelteich in Richtung Veranda zu erweitern um eine größere Wasserfläche zu erhalten. Dazu erfolgte wieder ein Einspruch der Firma Haase und es wurde sogar am 25.09.1912 das „Königliche Gericht‘ in Magdeburg eingeschaltet. Der Einspruch aber blieb ohne Erfolg.
Herr Klietz war ein tüchtiger Geschäftsmann und stellte daher am 05.04.1913 den Antrag zum Bau einer Badeanstalt. Diese Genehmigung wurde ihm am 10.04.1913 erteilt. Umfangreiche Bauarbeiten waren dazu notwendig. Die Arbeiten für die Badestellen und Sprunganlagen wurden an die hiesigen Firmen Bambach und Ebert vergeben. Die Badezeiten, Aufenthaltsräume und offene Umkleideräume für Schüler standen nördlich vom Badebecken an der Hangseite zum Galgenberg. Hinter diesen Badezeiten floss aber noch der Mühlgraben. Es gab 20 Badezellen mit den Maßen im x 1 m, dazu der Aufenthaltsraum für den Bademeister von 4m x 2m und einen  offenen Raum von 10 m mit Sitzbänken. Gleich vor den Umkleideräumen standen die Sprungbretter von 1 m und 3 m Höhe. Die Wassertiefe beim 3 m Brett betrug 3 m. Durch die Vertiefung des Flussbettes vom Mühlgraben war es erforderlich die Wasserführung zum Teich zu verändern. Die Firmen Finkenstädt und Sauer (Tuchfabrik) welche die Walkenmühle betrieb, gestattete Herrn Klietz, aus dem Obergraben Wasser für die Badeanstalt in den Sommermonaten zu entnehmen. Dafür bezahlte Herr Klietz jährlich 200,00 RM sowie die Unterhaltung der beiden Wasserwehre, soweit diese den Betrag von jährlich 150,00 RM nicht überschritten. Der Vertrag wurde am 24.05.1929 abgeschlossen. 1930 wollte Herr Klietz sein Wohnhaus aufstocken und stellte dazu einen Antrag, welcher ihm am 06.05.1930 genehmigt wurde. Aus Altersgründen verpachtete Herr Klietz das Schwimmbad und den Gondelteich an einen Pächter Namens Heinrich Haarig. Der Pachtvertrag lief über drei Jahre. Durch das Hochbauamt — Baupolizei wurde am 22.01.1942 der schlechte Zustand des Wohngebäudes, der Stallungen, der Veranda sowie der Badestellen festgestellt. Eine nachträgliche Prüfung vom 30.01.1942 besagt, dass alles nicht so schlimm sei. Nach den drei Jahren übernahm Herr Gustav Dietzhold aus Bad Suderode am 01.10.1942 als neuer Besitzer das Anwesen. Er beabsichtigte die Veranda zu vergrößern und neben der Veranda einen Luftschutzbunker zu bauen. Die Veranda sollte die Abmessungen von 23 m x 14 m haben und das alte Gebäude mit einschließen. Der Architekt war Herr Streubel aus Quedlinburg. Beide Bauvorhaben wurde wegen Material- und Arbeitskräftemangel abgelehnt. Es erfolgte nur eine notdürftige Reparatur der Schwimmanlage, Umkleidekabinen, der Sprungbretter und der Sichtblenden. Die Mauern mit den Startblöcken im Schwimmbecken waren um diese zeit schon unterspült und marode. Ein Gerücht ging in Quedlinburg umher, dass ein Soldat welcher vom 3 m Brett gesprungen war, im Schlamm stecken geblieben ist und verunglückte. Trotz neuem Besitzer sagten die Quedlinburger weiter, wir gehen nach Klietz baden. Wahrscheinlich konnte Herr Dietzhold mit der Bezeichnung nicht leben und stellte an das hiesige Kreispolizeiamt einen Antrag, das er das Anwesen mit dem Namen „Stadion“ versehen will. Dieser Antrag wurde am 15.01.1949 abgelehnt. Die Schäden am Schwimmbad wurden immer größer und benötigten daher einer dringenden Reparatur. Für diese Reparaturen waren ca. 20 — 30 Zentner Zement nötig. In einem Schreiben an die Stadt wurde auch die Absicht geäußert, dass Bad und den Gondelteich zu vergrößern, um damit einen Beitrag für die 1950 in Quedlinburg stattfindende „Quedlinburger Leistungsschau“ für den Gartenbau beizutragen. Herr Dietzhold erhielt von der Stadt eine Absage, da kein Baumaterial vorhanden war. Damit war der Zerfall der Badeeinrichtung angesagt Zuerst wurde der Badebetrieb eingestellt aber der Gondelteichbetrieb wurde noch einige Jahre weitergeführt. Viele ehemalige Besucher können sich noch an das Anwesen erinnern. Herr Dietzhold Seemannsmütze stand am Ufer und passte auf seine Ruderboote auf. Um seiner er Stimme mehr Gehör zu verschaffen, hatte er ein Sprechrohr welches, seine Stimme über den ganzen Gondelteich trug. Er konnte es überhaupt nicht leiden, wenn w Kinder trotz Aufruf unserer Bootsnummern schnell noch in den hinteren Tei Gondelteiches ruderten oder wir mit den Booten kippelten, dass diese fast kenterten Auch die Absperrbalken zwischen Gondelteich und Schwimmbecken benutzten wir als Spielstange. Da diese sehr marode waren, brachen diese durch oder die Befestigungen rissen aus. Besonderen Spaß machte es auf die zwei großen Holzstämme, welche im Schwimmbecken schwammen, zu klettern. Es war schon eine Kunst auf die glitschigen Balken zu kommen. Die Sprungbretter waren nicht mehr vorhanden, als Ersatz wurden die Startblöcke auf den Betonmauern zum Springen genommen. Wer dabei erwischt, da es ja verboten war, wurde aus der Badeanstalt verwiesen. Später waren die Schwimmbecken voller Schwamm und die Algen konnten sich ungehindert ausbreiten. Aus dem Mühlgraben konnte kein frisches Wasser mehr zugeführt werden, weil damals das Hüttenwerk in Thale und auch andere Betriebe ihre Abwässer ungeklärt in den Mühlgraben bzw. Bode leiteten. Wenn wir auch nicht mehr im Schwimmbad baden konnten, so war im Winter der Gondelteich zugefroren und wir konnten Schlittschuh laufen. Manches Paar Schuhe gingen dabei kaputt, aber wie sagten wir dies nur unseren Eltern.
Bevor das Wasser der Bode und des Mühlgrabens verunreinigt war, badeten wir dort. Im Frühjahr freuten wir Kinder uns immer, wenn die Bode Hochwasser führte, denn dadurch entstanden im Flussbett viele Untiefen. In diesen Untiefen lernten wir im Sommer schwimmen. Außer dem Hallenbad hatte Quedlinburg keine Badeeinrichtung mehr. Das Wipertibad unter der Altenburg war auch nicht mehr vorhanden.
Trotz leerer Kassen wurde in Quedlinburg durch das „Nationale Aufbauwerk“ ein neues Schwimmbad an der alten Stelle errichtet. Umfangreiche Bauarbeiten unter sehr schlechten Bedingungen waren dazu notwendig. Am 17.08.1958 konnte der erste Bauabschnitt übergeben werden. Es wurde ein Wert von 290.000 DM zur damaligen Zeit geschaffen, davon 70.000 DM in freiwilliger Leistung von der Bevölkerung und 65.000 DM durch Spenden.
Wie veränderte sich das Anwesen der alten Badeanstalt nach dem Bau der neuen Einrichtung?
Von der Lindenstraße aus erblicken wir zuerst die Gebäude der Walkenmühle mit dem Radhaus, welches ein mächtiges Wasserrad hatte. Alles wurde abgerissen nur die Reste vom Radhaus sind noch im Flussbett des Mühlgrabens sichtbar. Linkerhand vom Haus ging ein schmaler Weg entlang, der über 2 Brücken führte. Der erste Flussarm ging durch das Radhaus und der andere konnte durch ein großes Wehr gestaut werden. Über dieses Wehr führte ein schmaler Weg. Hinter diesem Wehr war eine große sumpfige Stelle die man nicht betreten konnte. Durch diesen Sumpf schlängelte sich das Wasser und setzte seinen Weg am Hang des Galgenberges fort. Wo sich heute das große Schwimmbecken befindet war das Flussbett vom Mühlgraben. Der Mühlgraben bog sich hinter dem jetzigen Schwimmbad nach rechts und vereinigte sich mit dem anderen Flusslauf Am Hang vom Galgenberg befand sich ein schmaler Wanderweg der bis zum alten Ditfurter Weg führte. Das ganze Ufer war mit Weiden uni großen Erlen bewachsen der jetzige Weg zur Gaststätte „Walkenmühle war der Viag zum Schwimmbad~
Was haben wir heute in Quedlinburg?
Ein Hallenbad von 1903, damals das modernste seiner er Zeit heute marode. Ein Freibad es entspricht nicht mehr dem heutigem Standard. Ein Verein prüft gerade Möglichkeiten eines ökologischen Badbetriebes.
Auch jetzt hat unsere Stadt wieder leere Kassen, aber es gibt ein Sprichwort: “Wo ein Wille ist - gibt es einen Weg“.
 

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